Das Solo THE LONG RUN begleitet einen ca. 50jährigen Mann auf einem Dauerlauf entlang der Felsküste Süditaliens. Das Publikum hört den Gedankenstrom des Läufers, in dem sich Alltag und Erinnerungen, Größenwahn und Selbstzweifel vermischen.
Er startet beflügelt von Fitness und Frischluft, kraftvoll, inspiriert und voller Selbstbewusstsein. Im Rhythmus des Laufens wandern seine Gedanken von der Einkaufsliste bis zum Sinn des Lebens, von vergangenen Projekten zu erhofften Triumphen. Auch die Computerstimme seiner digitalen Trainerin redet mit. Sie weiß mit Kilometerangaben, Puls- und GPS-Daten immer, wo’s langgeht.
Mit der Zeit wird der Solist erschöpft. Hüfte und Knie tun weh. Sein Optimismus ist mit der eigenen Schwäche konfrontiert. Die App empfiehlt den Notarzt, die Ehefrau ein Frühstück. Die Lage wird absurd, aber der Mann rennt weiter. Es entsteht ein egozentrisches Kopfkino, das den Lauf zu einer Allegorie aufs Leben und den Beruf des Tänzers überhöht. Dabei wird das Rennen immer mehr zur Inquisition der eigenen Rolle als weißer Mann in einer schwarzen Tanzform. War die verklärte Gemeinschaft mit den alten Meistern aus heutiger Sicht ein Irrtum? Sind die Utopien von damals heute noch denkbar? Oder rassistisch in ihrer privilegierten Ahnungslosigkeit? Wie weit zu den Wurzeln kann er gehen, um Antworten zu finden? Oder ist der Weg zu den Wurzeln gerade die falsche Richtung?
Auf der Bühne manifestiert sich die Kakophonie der inneren Stimmen in einer Tanzerzählung, die Step sehr freizügig als klingende Bewegung definiert und sich weder von Stepschuhen noch von anderen Konventionen des Tap eingrenzen lässt. So entsteht eine intime, absurde, bockige, suchende Performance, die den tanzenden Körper als Zugang und Abgrenzung zur Welt, als Klischee und Projektionsfläche erforscht und dabei das Ohr direkt auf den Tanz legt.